Molekularbiologie - Glossar
Mit der Etablierung der Molekularbiologie in Forschung, Entwicklung und Diagnostik haben zahlreiche neue Begriffe Einzug gehalten. Mit diesem Glossar möchten wir Ihnen kurze Erklärungen zu einigen grundlegenden und häufig auftretenden Begriffen geben.
3'- Ende Das Ende eines DNA-Stranges mit einer Hydroxylgruppe am 3'-Kohlenstoffatom des Zuckers.
5'- Ende Das Ende eines DNA-Stranges mit einem Mono-, Di-, oder Triphosphat am 5'-Kohlenstoffatom des Zuckers.
-ase Anhängsel für Enzyme (Proteine mit katalytischen Eigenschaften).
Adenin eine stickstoffhaltige Base mit Purinringsystem (Abk.: A), Bestandteil von DNA und RNA.
Allel Eine von zwei oder mehr verschiedenen Ausprägungen an einem Genort (Genlocus). Ein Individuum erbt i. d. R. je ein Allel eines Gens von der Mutter und vom Vater. Sind diese Allele identisch, werden sie für dieses Gen als homozygot bezeichnet, sind sie verschieden, als heterozygot.
Allosomen Geschlechtschromosomen. Bei der Frau XX, beim Mann XY.
Aminosäure Carbonsäure mit einer Aminogruppe ("Aminocarbonsäure") und aliphatischer oder aromatischer Seitenkette. Polymerisierte A. bilden Peptide oder Proteine, deren Sequenz von Genen durch den genetischen Code determiniert ist.
Annealing spezifische Aneinanderlagerung (Hybridisierung) zweier komplementärer Nukleinsäurestränge unter spezifischen (stringenten) Reaktionsbedingungen. Üblicherweise wird A. als Bezeichnung bei der PCR verwendet.
Amplifikation (Vervielfältigung). Produktion vieler DNA-Kopien ausgehend von einer DNA- oder RNA-Zielsequenz. Am häufigsten steht A. in Verbindung mit der PCR.
Amplikon, spezifisches DNA-Fragment, das mit Hilfe der PCR synthetisiert wurde (syn. Amplifikat oder PCR-Produkt).
Antigen Molekül oder Zielbereich innerhalb eines Moleküls, der von Antikörpern erkannt werden kann.
Antikörper Molekül (Glykoprotein), das spezifisch an ein Antigen binden kann.
Autosomen Chromosomen, die nicht in die Geschlechtsbestimmung involviert sind. Im diploiden humanen Genom sind normalerweise 22 homologe Paare vorhanden und 1 Paar Geschlechtschromosomen (Allosomen vorhanden.
Bakterium einzelliger Mikroorganismus ohne echten Zellkern (Prokaryot).
(stickstoffhaltige) Base In der Molekularbiologie die basische Molekülkomponente mit einem Purin- oder Pyrimidinringsystem innerhalb der Nukleotidstruktur..
Basenpaar Durch Wasserstoffbrücken verbundene Struktur, die sich zwischen zwei komplementären Nukleotiden bildet.
Basenpaarung Innerhalb eines DNA-Doppelstranges bilden sich spezifische Wechselwirkungen zwischen den Basen A und T bzw. G und C durch 2 bzw. 3 Wasserstoffbrücken aus. Korrekte B. findet immer zwischen einer Purin- und einer Pyrimidinbase statt. Dieser Sachverhalt wird bei der Hybridisierung einzelsträngiger Nukleinsäuremoleküle ausgenutzt.
Biotechnologie Ein breites Spektrum molekularbiologischer Techniken, die durch Grundlagenforschung entwickelt wurden und jetzt in der Forschung und Produktentwicklung angewendet werden können. In der Industrie werden insbesondere Techniken zur Herstellung und Expression rekombinanter DNA und für die Zellfusion angewendet.
cDNA complementary oder copy DNA, die vom Enzym Reverse Transkriptase an einer RNA-Matrize synthetisiert wurde.
Centromer Chromosomenregion, an der während der Meiose die Fasern des Spindelapparates ansetzen.
Chromosomen Selbstreplizierende Zellstrukturen, in denen der überwiegende Teil der genetischen Informationen in Form von linear angeordneten Genen gespeichert ist. Die restliche genetische Information ist in den Mitochondrien und bei Pflanzen auch in Plastiden lokalisiert. In Prokaryoten ist die chromosomale DNA zirkulär und die gesamte Information auf einem Ch. abgespeichert ("Bakterienchromosom"). Eukaryotische Genome bestehen aus mehreren Ch., die mit verschiedensten Proteinen assoziiert sind. Eine normale menschliche Zelle enthält 23 Chromosomenpaare (Mann 22XY, Frau 22XX).
Compound-Heterozygotie: Bei Personen mit einer rezessiv vererbaren Erkrankung liegen auf beiden Chromsomen unterschiedliche Mutationen vor (z. B. heterozygote Präsenz der Mutationen H63D und C282Y bei Hämochromatose).
Crossing-over Der Austausch von homologen DNA-Segmenten zwischen (väterlichen und mütterlichen) Chromosomen während der Meiose. C. kann z. B. zum Allelaustausch führen.
Cytosin eine stickstoffhaltige Base mit Pyrimidinringsystem (Abk.: C), Bestandteil von DNA und RNA.
Deletion: Fehlen eines Chromosomen- bzw. DNA-Segments.
Denaturierung Aufbrechen nichtkovalenter Bindungen von Proteinen oder Nukleinsäuren durch Erhitzen auf Temperaturen größer 90 °C oder durch Zugabe einer stark alkalischen Lösung (z. B. NaOH).
Diploidie das Vorhandensein zweier vollständiger doppelter Chromosomensätze im Zellkern von Organismen mit sexueller Vermehrung.
DNA Desoxyribonukleinsäure (Deoxyribonucleic Acid). Träger der primären genetischen Information. Sie entsteht durch Polymerisation aus den vier Nukleotiden dATP, dCTP, dGTP und dTTP.
DNA-Klonierung Einbau eines DNA-Fragments in einen Vektor (z. B. Plasmid). Dieses rekombinante DNA-Molekül wird anschließend in einem Wirtsorganismus (z. B. Bakterium) vermehrt.
DNA-Ligase Enzym, das Einzelstrangbrüche in doppelsträngigen DNA-Molekülen durch Wiederherstellung der kovalenten Bindung repariert.
DNA-Polymerase Enzym, das neue komplementäre DNA-Stränge unter Verwendung eines Primers als Startpunkt und einer DNA-Vorlage synthetisiert.
dNTPs Desoxyribonukleotidtriphosphate; monomere Bausteine für Nukleinsäuren z. B. dATP, dCTP, dGTP, dTTP.
Domäne Ein bestimmer Bereich in einem Protein mit eigener Funktion. Die Kombination mehrerer D. bestimmt seine Gesamtfunktion.
Dominanz Bei Heterozygotie das Vorherrschen des einen Allels über das andere. Die Ausprägung des "schwachen" Allels wird unterdrückt oder ausgeschaltet und als rezessiv bezeichnet. Treten beide Allele in ihrer Ausprägung unabhängig voneinander auf, wird von Kodominanz gesprochen (z. B. Blutgruppengene A und B).
Doppelhelix natürliche Struktur der DNA aus zwei antiparallelen, komplementären Polynukleotidketten, welche durch Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden und schraubenförmig umeinander gewunden sind (rechtsgewundene a-Doppelhelix).
Escherichia (E.) coli Aufgrund seines kleinen Genoms, seiner normalerweise nichtpathogenen Eigenschaften schnellen Wachstums und einfacher Kulturbedingungen ist das Bakterium E. coli DAS Arbeitspferd in den molekularbiologischen Laboratorien.
Elektrophorese Auftrennung von Molekülen im Gleichstromfeld aufgrund ihrer elektrischen Ladung.
Enzyme Ein Protein mit katalytischen Eigenschatften. E. erhöhen also die Reaktionsgeschwindigkeit durch Senkung der Aktivierungsenergie, haben aber keinen Einfluß auf die Gleichgewichtslage der von ihnen katalysierten Reaktion.
Eukaryo(n)t Organismus mit Organellen, Kompartimentierung und echtem Zellkern (alle Organismen außer Bakterien, Viren und Blaualgen).
Exon Gensegment mit proteincodierender Funktion.
Extension Verlängerung der DNA-Kette durch Einbau von dNTPs unter Verwendung einer Matrize während der Replikation. Bei der PCR erfolgt die E. durch thermostabile DNA-Polymerase (z. B. Taq-Polymerase).
Extraktion Isolierung der zu untersuchenden Nukleinsäuren aus dem Probenmaterial unter Verwendung unterschiedlicher chemischer oder physikalischer Hilfsmittel. Für unterschiedlichstes Nativmaterial gibt es kommerziell erhältliche Kits zur Aufarbeitung.
FISH Fluoreszenz in-situ Hybridisierung. Molekularzytogenetische Methode zur farbigen Darstellung ausgewählter Chromosomen oder Chromosomenabschnitte durch Fluoreszenzmikroskopie. Hierbei erfolgt die Hybridisierung der DNA-Sonden in-situ auf die Chromosomen- bzw. Zellpräparate.
Gameten reife weibliche oder männliche Reproduktionszellen (Spermien oder Eizellen) mit haploidem Chromosomensatz.
Gelelektrophorese Moleküle vergleichbarer elektrischer Ladung (z. B. DNA) trennen sich gemäß ihrer Größe auf. In der Molekularbiologie werden Nukleinsäuren durch Gelektrophorese in einer Gelmatrix (Polyacrylamid oder Agarose) aufgetrennt. Aufgrund ihrer negativen Ladung wandern sie ihrer Größe nach mit unterschiedlicher Geschwindigkeit zum Pluspol (Anode).
Gen DNA-Abschnitt im Genom, der für ein RNA- und/oder Polypeptidmolekül codiert und die dafür notwendigen regulatorischen Einheiten enthält.
Genbibliothek Eine Sammlung von Klonen, die überlappende Fragmente des gesamten Genoms eines bestimmten Organismus enthalten (genomische Bibliothek). Alternativ kann auch aus Zellen von Organismen oder Organen die (m)RNA isoliert, in cDNA revers transkribiert und kloniert werden [(m)RNA-Bibliothek. Die Klone einer G. werden mit Hilfe von Vektoren hergestellt.
Gendosis: Alle autosomalen Gene liegen in zweifacher Kopie im Genom vor und viele Gene müssen auch zur Gewährleistung einer normalen Zellfunktion von beiden Allelen exprimiert werden. Ist ein Allel eines Gens defekt, so ist evtl. die halbe Gendosis für eine normale Zellfunktion nicht mehr ausreichend. Bei Prädispositionsallelen für bestimmte Krankheiten kann die Ausprägung der Krankheit auch davon abhängig sein, ob dieses Allel hetero- oder homozygot präsent ist (z. B. shared epitope bei Rheumatoider Arthritis).
Genetik Die Wissenschaft von der Erforschung der Gene.
genetischer Code Die Regeln, welche bei der Translation die Zuordnung eines Nukleotidtripletts zu einer definierten Aminosäure bestimmen (z. B. ATG zur Aminosäure Methionin). Mit dem g. C. kann daher aus der mRNA die Proteinsequenz vorhergesagt werden.
Genexpression: Alle Abläufe, bei denen ausgehend von der Nukleotidsequenz eines Gens das Genprodukt (RNA und/oder Protein) hergestellt wird. Durch Transkription wird eine RNA-Kopie (mRNA) hergestellt, mittels der anschließend durch Translation das entsprechende Protein an den Ribosomen synthetisiert wird. Für bestimmte Gene (z. B. rRNA- und tRNA-Gene) ist die RNA bereits das Genprodukt.
Genom Der gesamte Genbestand einer Zelle oder eines Organismus, der die Anweisungen für das Entstehen eines Organismus sowie für dessen Lebensfunktionen enthält.
Genotyp Beschreibung der genetischen Zusammensetzung eines Organismus.
Genprodukt: Das biochemische Material (RNA oder Protein), das aus der Genexpression hervorgeht. Die Menge produzierten G. gibt Aufschluß uber die Genaktivität, abnorme Mengen können ein Indiz für krankheitsauslösende Allele sein.
Gensonden Verfahren, bei dem mit Hilfe eines markierten Nukleinsäuremoleküls (der Sonde) komplementäre Nukleinsäuremoleküle aufgrund der Bildung spezifischer Hybride identifiziert werden können. Die Gensondenanalytik wird häufig in der Diagnostik zum Nachweis von Krankheitserregern verwendet.
Gentechnik Alle Methoden, die der Schaffung, Untersuchung und Verwendung rekombinanter DNA-Moleküle dienen.
Guanin Eine stickstoffhaltige Base mit Purinringsystem (Abk.: G), Bestandteil von DNA und RNA.
Haploidie Die Anwesenheit eines vollständigen einfachen Chromosomensatzes, meist bei Geschlechtszellen diploider Organismen.
Hemizygotie Der Sachverhalt, wenn ein Gen nur einmal im Genotyp vorhanden ist. Beim Menschen sind dies in aller Regel die Gene des Mannes auf dem normalerweise nur einmal vorhandenen X-Chromosom gemeint. Ein normalerweise rezessives Allel, das auf dem X-Chromosom eines Mannes liegt, manifestiert sich dementsprechend im Phänotyp des Mannes.
Heterozygotie Die erbliche Eigenschaft einer diploiden Zelle, zwei verschiedene Allele eines bestimmten Gens in beiden homologen Chromosomen zu enthalten.
(Sequenz-) Homologie Verwandtschaftsgrad zwischen Nukleinsäure- oder Proteinsequenzen, häufig angegeben in Prozent identischer Nukleotide bzw. Aminosäuren.
Homozygotie Die erbliche Eigenschaft einer diploiden Zelle, zwei identische Allele eines bestimmten Gens in beiden homologen Chromosomen enthalten.
Hybridisierung Vorgang, bei dem sich zwei Nukleinsäureeinzelstränge durch komplementäre Basenpaarungen miteinander verbinden. Je größer die Homologie beider Stränge, umso stabiler der resultierende Doppelstrang.
Inhibitor Substanz, die mit der Amplifikationsfähigkeit der DNA-Polymerase interferiert und damit z. B. die PCR-Amplifikation vermindert oder gänzlich stoppt. Beispiele für PCR-Inhibitoren sind Heparin oder Hämoglobin.
Intron Nicht kodierendes Gensegment zwischen zwei Exons eines Gens, das bei der Reifung der mRNA herausgeschnitten wird.
Karyogramm: Paarweise Anordnung der homologen Metaphase-Chromosomen nach ihrer Größe und der Lage der Centromere zur systematischen Analyse.
Karyotyp: Chromosomensatz eines Individuums, definiert durch die Anzahl und Morphologie der Chromosomen in der Metaphase der Mitose. Der normale, diploider K. umfaßt beim Menschen 46 Chromosomen (Mann: 44XY, Frau: 44XX).
Kit fertig konfektionierte und abgepackte Reagenziensortimente zur Durchführung verschiedenster Aufreinigungen und Reaktionen.
Klon Population genetisch identischer Zellen oder Organismen. In der Molekularbiologie oft verwendet für Zellen, die dieselben rekombinanten DNA-Moleküle enthalten.
Klonierung Die Herstellung vielfacher, exakter Kopien eines Gens oder anderen DNA-Segments mittels spezielle Technologien und Vektoren. Eine weitere Art der K. nutzt die natürliche Zellteilung aus, um viele genetisch identische Zellen herstellen zu können (Zellinien). Auch Tumorzellen sind oft klonaler Herkunft. Darüberhinaus können vollständige, genetisch identische Organismen hergestellt werden, z. B. das Klonschaf "Dolly".
Komplementarität Eigenschaft von Nukleotiden oder Nukleinsäuresequenzen, Basenpaarungen spezifisch miteinander ausbilden können. Adenin und Thymin (bzw. Uracil), Cytosin und Guanin sind komplementär zueinander. 5´-ATCGTC-3´ ist komplementär zu 5´-GACGAT-3´.
Kontamination Aufgrund der exponentiellen Amplifikation ist die PCR auch anfällig gegenüber Kontaminationen. Daher sind bei diagnostischer Anwendung der PCR besondere Maßnahmen zum Ausschluß von Kontamination essentiell.
Kopienzahl Die Anzahl von Kopien eines Gens, Transposons oder repetitiver Elemente innnerhalb eines Genoms.
Krankheitserreger infektiöses Agens (Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen, Arthropoden, Helminthen, Prionen), das eine Krankheit verursacht.
Kultur Verbreitetes Verfahren zum Nachweis vitaler Krankheitserreger, das häufig das Diagnostikverfahren der Wahl ist. Mit der Direktnachweis von Nukleinsäuren durch die PCR läßt sich keine Aussage zur Vitalität des Erregers machen.
LCR, Ligase chain reaction Mit der PCR vergleichbares Vefahren, das unter Verwendung einer hitzestabilen Ligase zur Matrizensequenz komplementäre Oligonukleotide miteinander verbindet.
Leseraster Eine der drei überlappenden Abfolgen von Triplettcodons, die in jeder DNA-Sequenz enthalten sind.
Locus Position eines Gens oder eines anderen genetischen Markers auf den Chromosomen.
Markermoleküle Synthetisch hergestellte Nukleinsäuren können an ihren Enden kovalent mit M. versehen werden, die als Hilfsmittel für die anschließende Detektion der spezifischen Nukleinsäuren dienen (z. B. Digoxigenin, Biotin oder Fluoreszenzfarbstoffe).
Matrize Vorlage; in der Molekularbiologie einzelsträngige DNA, an die komplementär ein neuer Strang synthetisiert wird.
Meiose Vorgang, der zwei einander nachfolgende Zellteilungen umfaßt und aus diploiden Zellen haploide Geschlechtszellen entstehen läßt [pro Vorläuferzelle beim Menschen 4 Spermien oder 1 Eizelle (mit 3 Polkörperchen)].
Methylierung Enzymatische Modifikation einer DNA- oder RNA-Base durch Einbau einer Methylgruppe, in der Natur oft zur (reversiblen) Inaktivierung von Genen benutzt. Beim Menschen wird praktisch ausschließlich C methyliert.
Mismatch Unübliche Basenpaarung (nicht C mit G oder A mit T/U). Eine Mismatch-Basenpaarung bildet weniger Wasserstoffbrückenbindungen aus, besitzt damit weniger Bindungsenergie und verringert somit die Stabilität eines doppelsträngigen DNA-Moleküls.
Mitose Vorgang der Zellkernteilung, bei dem letztlich zwei genetisch identische Tochterzellen entstehen, deren Genom auch identisch mit dem der Elternzelle ist.
Molekularbiologie Fachrichtung der Biologie, die sich mit der Erforschung der molekularen Eigenschaften der Nukleinsäuren, der Proteine und ihrer biochemischen Reaktionen in Organismen befaßt. Gesondert behandelt sie auch die Struktur und Vermehrung von Viren.
Molekulare Diagnostik Verschiedene Analysevefahren von Nukleinsäuren und Proteinen zur Erkennung von Krankheiten.
Monogene Erkrankungen Sie werden durch Mutationen in einem bestimmten Gen verursacht.
Monomer Einzelmoleküle, aus denen durch diverse chemische Reaktionen Polymere aufgebaut werden können.
mRNA (messenger = Boten-RNA) Prozessierte Matrize (Transkript) eines proteincodierenden Gens.
Multiplex-PCR Ein spezielle Version der PCR, bei der simultan durch mehrere Primerpaare mehrere Zielsequenzen in einem PCR-Ansatz gleichzeitig amplifiziert werden können.
Mutagen Chemisches oder physikalisches Agens, das in einem Nukleinsäuremolekül eine Mutation verursachen kann.
Mutante Zelle oder Organismus mit anomaler genetischer Ausstattung.
Mutation Veränderung in der Nukleotidsequenz einer Nukleinsäure.
NTP Ribonukleotidtriphosphate; monomere Bausteine für Ribonukleinsäuren (RNA), z. B. ATP, CTP, GTP, UTP.
Nuklease Enzym, das den Abbau von Nukleinsäuremolekülen katalysiert.
Nukleinsäure Ursprüngliche Bezeichnung der aus dem Kern eukaryotischer Zellen isolierten, sauren Substanz. Aktuell bezeichnet N. die polymeren Moleküle DNA und RNA, die Nukleotidmonomere enthalten. Sie bestehen aus Zuckermolekülen, organischen Basen und Phosphatgruppen. Besteht das Zuckermolekül aus Ribose, so heißt die Nukleinsäure RNA, wenn das Zuckermolekül eine Desoxyribose ist (eine Hydroxygruppe fehlt), DNA.
Nukleosid Verbindung einer Purin- oder Pyrimidinbase mit einem Zucker, z. B. Adenosin (A), Guanosin (G), Cytidin (C), Thymidin (T), Uridin (U).
Nukleotid Verbindung einer Purin- oder Pyrimidinbase, eines Zuckers (Desoxyribose oder Ribose) und Phosphat. Als Monophosphatnukleotide bilden sie die monomeren Einheiten von DNA und RNA, die durch Polymerisation von Triphosphatnukleotiden unter Pyrophosphatabspaltung synthetisiert werden.
Oligonukleotide Natürliche oder synthetisch hergestellte Nukleotidsequenzen (ca. 20 bis 40-mer), die als Sonden oder Primer Verwendung finden.
Palindrom Wort (oder Satz), das (der) sich vor- und rückwärts gleich liest (z. B. "Anna" oder "Otto"). In der Molekularbiologie eine Nukleotidsequenz, die auf dem Komplementärstrang spiegelbildlich vorliegt (z. B. 5'-GAATTC-3'). P. dienen oft als Erkennungssequenzen für Restriktionsenzyme.
PCR (Polymerase Chain Reaction, Polymerase-Kettenreaktion). Enzymatische DNA-Vervielfältigung einer Zielsequenz, bei der in mehreren Amplifizierungsrunden (= Zyklen) Primer entlang ein einer Matrizen-DNA verlängert werden. Dabei wechselt die Temperatur periodisch, so daß die DNA immer wieder denaturiert wird und sich die Primer anlagern und verlängert werden können. Die von den Primermolekülen eingefaßte DNA-Sequenz wird exponentiell vermehrt. Die PCR wird in einem sog. Thermocycler durchgeführt.
Phänotyp Das Erscheinungsbild einer Zelle oder eines Organismus, das durch den Genotyp sowie durch Umweltfaktoren zustande kommt.
Phosphodiesterbindung Die chemische (kovalente) Bindung, die in Nukleinsäuren benachbarte Nukleotide verbindet.
Plasmid In Bakterien vorkommendes, ringförmiges, vom Wirtsgenom unabhängiges DNA-Molekül. P. sind kleiner als das Bakterienchromosom und replizieren meist autonom, d. h. unabhängig vom Rest der DNA in der Bakterienzelle. Sie werden zwischen Bakterien übertragen und vermitteln oft Antibiotikaresistenzen. Mit Hilfe von molekularbiologischen Methoden kann ein Stück Fremd-DNA in ein Plasmid eingefügt und vermehrt werden.
Polymer Chemische Substanz, deren Moleküle lange Ketten identischer oder ähnlicher Untereinheiten sind.
(DNA-) Polymerase Enzym, das neue DNA-Stränge in 3´?5´-Richtung anhand einer einzelsträngigen DNA-Vorlage synthetisieren kann. Die Strangverlängerung initialisiert an Startermolekülen (Primer) mit freien Nukleotiden (dNTP) als Substrat. Für die PCR wird v. a. die thermostabile Taq-DNA-Polymerase verwendet. Analog gibt es auch RNA-Polymerasen.
Polymorphismus: In der Genetik Vorkommen von zwei oder mehr unterschiedlichen Genotypen in einer Population. Die unterschiedlichen Genotypen lassen sich auf DNA-Sequenzvariationen zurückführen, die in einem gewissen Prozentsatz (> 1 %) in der Bevölkerung vorgefunden werden.
Primer Kurzes Oligonukleotid, das an ein einzelsträngiges DNA-Molekül hybridisiert und so einen Startpunkt für die DNA-Synthese bildet. In der PCR werden Primer von definierter Länge und Sequenz für die Vervielfältigung der DNA-Vorlage eingesetzt. Der Primer besitzt eine freie 3´-OH-Gruppe, an die die (thermostabile) Polymerase Nukleotide anhängt.
Prokaryo(n)t Lebewesen ohne echten Zellkern und einige für Eukaryoten typische Zellorganellen. Zu den P. gehören die Bakterien und Blaualgen. Viren sind hingegen keine Lebewesen, sie benötigen Wirte zur Replikation und werden als infektiöse Einheiten bezeichnet.
Proof-Reading (Korrekturlesen). Einige Polymerasen sind fähig, von ihnen falsch eingebaute Nukleotide während der Synthese eines neuen DNA-Stranges wieder zu entfernen (3´®5´-Exonukleaseaktivität).
Protease Proteine abbauendes Enzym.
Proteine Polymere aus Aminosäureuntereinheiten
Prozessivität durchschnittliche Anzahl der Nukleotide pro Zeiteinheit, die von einer Polymerase eingebaut werden, bevor sie die Matrize verläßt.
Puffer Bezeichnung für eine Lösung oder ein Reagenz, das auch durch Zugabe von Säuren oder Basen den pH-Wert stabil hält.
Punktmutation Mutation, die auf dem Austausch meist eines einzelnen Nukleotids in einem DNA-Molekül beruht.
Purin aromatisches Ringgerüst einer der beiden Arten von Stickstoffbasen, die Bestandteile von Nukleotiden sind (z. B. Adenin, Guanin).
Pyrimidin aromatisches Ringgerüst einer der beiden Arten von Stickstoffbasen, die Bestandteile von Nukleotiden sind (z. B. Cytosin, Thymin, Uracil).
(Auf-) Reinigung von Nukleinsäuren Entfernung von Zellbestandteilen und möglichen Inhibitoren aus dem Probenextrakt, mit dem Ziel einer möglichst reinen Nukleinsäurelösung.
rekombinantes DNA-Molekül DNA-Molekül, das in vitro durch das Verbinden von DNA-Fragmenten unterschiedlicher Herkunft entstanden ist, die natürlicherweise nicht zusammengehören (z. B. Plasmid mit künstlich integrierter DNA-Sequenz, die für eine Insulin-Untereinheit codiert).
Renaturierung Die Rückkehr eines denaturierten Moleküls zu seinem natürlichen Zustand.
Replikation Prozeß der DNA-Verdopplung bei der Zellteilung, um die Weitergabe des gesamten genetischen Materials an die Tochterzellen zu gewährleisten.
Restriktionsendonuclease Enzym, das doppelsträngige DNA-Moleküle nur an einer definierten Anzahl spezifischer (oft palindromischer) Basensequenzen (Schnittstelle) schneidet.
Reverse Transkriptase Enzym viraler Herkunft, welches die Synthese komplementärer DNA (cDNA) von einer RNA-Matrize katalysiert, also die Transkription umkehrt.
Reverse Transkription Bildung einer komplementären DNA (cDNA) anhand einer RNA-Matrize mit Hilfe eines Primers und Reverser Transkriptase.
Rezessivität s. Dominanz
Ribonuklease RNA abbauendes Enzym.
RNA (Ribonucleic Acid) Ribonukleinsäure. Eine der beiden Nukleinsäurearten in lebenden Zellen.
rRNA (ribosomale RNA) RNA-Moleküle, die als Strukturelemente in Ribosomen dienen. Bestimmte rRNA-Gene dienen zur stammesgeschichtlichen Einordnung der Organismen.
(DNA-) Sequenzierung, Sequenzanalyse (Automatisierte) Analyse der Nukleotidabfolge in einen DNA-Molekül.
Stringenz Reaktionsbedingungen, die die Zusammenlagerung zweier einzelsträngiger Nukleinsäuremoleküle beeinflussen. Je stringenter (zwingender) die Bedingungen, desto perfekter müssen die DNA-Moleküle zueinander passen, damit sie sich zusammenlagern können (Komplementarität).
Taq-DNA-Polymerase Hitzestabile DNA-Polymerase, die aus dem Bakterium Thermus aquaticus stammt. Das Aktivitätsoptimum der T. liegt bei 70-80 °C und sie wird von den hohen Denaturierungstemperaturen (ca. 93 °C - 96 °C) während der PCR nicht zerstört.
Target Sequence s. Zielsequenz.
Template Vorlage, Matrize für die Replikation. (PCR: z. B. bestimmter DNA-Abschnitt eines Krankheitserregers).
Thermocycler Programmierbarer und automatisierter Heizblock, der sehr rasch zwischen den Temperaturen wechseln kann, die für eine PCR benötigt werden (Beispiel für ein PCR-Programm: 94 °C, 30 s; 55 °C, 30 s; 72 °C, 30 s / 30 x Wiederholung).
Thermus aquaticus Bakterium, das in Heißwasserquellen oberhalb von 75 °C lebt. Dessen DNA-Polymerase kann Temperaturen über 90 °C längere Zeit ohne Funktionsverlust überstehen.
Thymin Eine stickstoffhaltige Base mit Pyrimidinringsystem (Abk.: T), Bestandteil der DNA.
Transkript RNA-Kopie eines Gens.
Transkription Die Synthese einer mRNA-Kopie aus einem Gen. Vom codierenden Strang der genomischen DNA wird im Zellkern eine Vorläufer-RNA hergestellt, die noch die Intron-Sequenzen enthält. Nach dem Transport ins Cytoplasma werden in einem Reifungsprozeß die intronischen Bereiche herausgeschnitten (Splicing) und die Molekülenden modifiziert. Es entsteht die reife mRNA.
Translation Die Synthese eines Polypeptides an Ribosomen mit einer mRNA als Matrize. Die Proteinsequenz ist nach den Regeln des genetischen Codes durch die Nukleotidsequenz der mRNA festgelegt (Triplettcode).
Transposition Die Bewegung eines genetischen Elements auf der DNA von einem Ort zu einem anderen.
tRNAs (Transfer-RNAs) Klasse kleiner RNA-Moleküle mit charakteristischer Sekundärstruktur ("Kleeblattform"). Sie beinhalten eine Triplett-Nukleotidsequenz, die komplementär zu der Triplett-Nukleotidsequenz der mRNA ist. Zu jeder tRNA paßt also genau eine Aminosäure. tRNAs haben die Aufgabe, bei der Proteinbiosynthese die Aminosäuren zu koppeln und diese zu den Ribosomen zu transferieren. Sie liefern also das Substrat für den Translationsapparat.
UNG Uracil-N-Glykosylase. Enzym, das den Abbau synthetischer DNA-Fragmente katalysiert, die mit dUTP anstatt dTTP synthetisiert wurden. Der Anwendung von UNG und dUTP beim diagnostischen Einsatz der PCR ist eine Standardmethode zur Vermeidung von Kontaminationen, die auf Verschleppung von PCR-Produkten beruhen.
Uracil Eine stickstoffhaltige Base mit Pyrimidinringsystem (Abk.: U), Bestandteil der RNA.
Vektor DNA-Molekül, das zur selbständigen Replikation befähigt ist und sich für den Einbau fremder DNA Fragmente eignet (z. B. Plasmide, Phagen, Cosmide und sogenannte artifizielle Chromosomen wie BAC, PAC, YAC). V. können in Wirtszellen transferiert werden, in denen sie selbst und/oder deren (rekombinante) Genprodukte in großen Mengen reproduziert werden können.
Vererbung Die Weitergabe von Eigenschaften von Eltern zu Nachkommen.
Viren (Virus lat. Schleim, Gift) Gruppe von infektiösen Einheiten, die entweder nur DNA oder nur RNA enthalten und über keinen eigenen Stoffwechsel verfügen. Sie sind daher für ihre Vermehrung obligat auf einen Wirtsorganismus angewiesen, dessen Biosyntheseapparat sie für ihre Vermehrung benutzen. Es gibt Einzelstrang-RNA-Viren wie HIV oder HCV, Doppelstrang-RNA-Viren wie das Parvovirus; und Doppeistrang-DNA-Viren, wie z. B. Herpes simplex 1 und 2. Das virale Genom ist von einer Proteinhülle - dem Capsid - umgeben. Genom und Capsid werden als Nucleocapsid bezeichnet. Einige Viren haben nackte Nucleocapside und andere tragen Hüllen (envelopes) aus Lipiden und Glykoproteinen. Viren, die Bakterien infizieren, werden Phagen genannt.
Virion Proteinhülle eines Virus.
Wasserstoffbrücken Schwache intra- oder intermolekulare polare (also nichtkovalente) Bindung zwischen einem Wasserstoffatom oder Protonendonator und einem Protonenakzeptor. W. bestimmen u. a. wesentlich den räumlichen Aufbau von Proteinen und die räumliche Struktur der DNA.
Wildtyp Ein Gen, eine Zelle oder ein Organismus mit dem typischen Phänotyp und/oder Genotyp der betreffenden Art, gilt als die "Normalform".
Zellkern Komplex von DNA und basischen Proteinen, der von einer Doppelmembran umschlossen ist.
Zielsequenz Definierte bekannte Nukleotidsequenz der DNA oder RNA eines Organismus. Sie ist konserviert und daher geeignet für den spezifischen Nachweis in der Diagnostik.